Palmsonntag:   
Kein Zurück mehr    

Als vor zwei Jahren kurz nach dem Start in Paris die Concorde abstürzte und 102 Menschen in den Tod riß, da war vom "Point of no return" die Rede, von dem Moment, ab dem es kein Zurück mehr gibt. Wenn beim Start ein Flugzeug eine bestimmte Geschwindigkeit und Höhe erreicht hat, dann ist der Moment gekommen, wo der Start nicht mehr abgebrochen werden kann, selbst, wenn sich in diesem Moment ein gravierender Fehler zeigt. Die einzige Möglichkeit besteht dann darin, durchzustarten und nach einer Kurve ein Notlandung zu versuchen. Genau dieser Versuch war damals missglückt.
Der Einzug Jesu in Jerusalem war solch ein "Point of no return", ein Moment, von dem es kein Zurück mehr gab. Oft genug hatte er sich in den letzten Wochen mit dem Establishment, der führenden und feinen Gesellschaft Jerusalems angelegt. Er wußte, daß sie ihm nach dem Leben trachteten. Oft genug hat er sich wieder zurückgezogen, bisweilen versteckt sogar. Vielleicht, weil er noch mit sich rang, ob er diesen Weg überhaupt gehen sollte. Als er aber die Entscheidung gefällt hatte, da wollte er diesen Weg ganz bewußt an jenem Fest gehen, an dem die Menschen in Israel Jahwes Befreiung seines Volkes aus der Knechtschaft feierten. Auch Jesu Weg sollte solch ein Weg und Fest der Befreiung werden, die Befreiung aus einer neuen Art der Knechtschaft: die Befreiung aus der Knechtschaft religiöser Verblendung und Verhärtung, die Befreiung von jeglicher Art des "Es-war-schon-immer-so"! Mit dem Einzug in Jerusalem gab es für ihn kein Zurück mehr, doch für uns geht es seit dem voran.


(C) 2002 Heribert Ester