Darstellung des Herrn:   
Den Himmel zugenagelt   

Jeder kennt es, niemand hat es: das sprichwörtliche Brett vor dem Kopf. Dafür ist die Bereitschaft groß, es anderen anzudichten. Woher die Redewendung kommt, weiß ich im Moment nicht, aber das Bild ist klar: Wer ein Brett vor dem Kopf hat, kann nichts mehr sehen, dem ist der Blick vernagelt.
Wir hören an diesem Sonntag im Evangelium von den Menschen in der Synagoge von Nazareth, die vor wenigen Minuten noch Jesus als einem begnadeten Redner zugejubelt haben und ihn jetzt vor die Stadt treiben und von einem Abhang stürzen wollen. Denn diese Sichtweise können sie nicht ertragen, daß da ihr Sandkastenkumpel Jesus von sich sagt, mit ihm sei die Zeit Gottes angebrochen. Diesen Gedanken können sie nicht aushalten. Sie vernageln sich die Augen, hauen sich ein Brett vor den Kopf, weil sie denken, daß sie so der Wirklichkeit Einhalt gebieten.
Solch eine Situation haben wir doch alle schon einmal erlebt, diesseits oder jenseits des Brettes. Und das Fatale ist: Hinter dem Brett lebt es sich scheinbar ganz gut. Es ist, als wenn ein Kind die Augen schließt und meint, es habe sich versteckt. Die Konsequenz ist klar: Den Himmel finden wir so nicht, nicht einmal Freunde.
Die Nägel herauszuziehen ist schmerzhaft, wie der berühmte Zahn, den wir uns manchmal ziehen lassen müssen. Aber es ist der einzige Weg, wenn es darum geht, andere Menschen und andere Sichtweisen zu verstehen. Die Bretter vor den Köpfen müssen erst weg. Denn den Himmel, der uns verheißen ist, finden wir nur im Angesicht und nicht selten in der Ansicht des anderen.



(C) 2001 Heribert Ester