8. Sonntag im Jahreskreis:   
Patchwork   

Ende der 60ger Jahre kamen in der Hippie-Bewegung Patchworkarbeiten wieder neu in Mode: aus alten, meist bunten Stoffresten Jacken, Jeans, Taschen oder Decken zu nähen. Damit wurde jedes Teil zu einem ganz individuellen Stück.
Und es drückte sich mit dieser Mode eine neues Lebensgefühl aus: Es muß nicht alles perfekt sein - aber schön. Auch das nicht so Perfekte kann schön sein... Von dieser Mode haben sich vielleicht nur noch industriell gefertigte Tages- oder Sofadecken oder Teppiche gehalten. Moden vergehen, aber die Idee bleibt.
Mit unserem Leben ist es ganz ähnlich. Es ist oft wie eine solche Patchworkarbeit. Manchmal scheint ein Tag nicht zum anderen zu passen, das eine Erlebnis nicht zum nächsten. Freude und Leid liegen bekanntlich ganz nah bei einander, wie Gelingen und Mißerfolg, Freundschaft und Streit, Hoffnung und Verzweiflung. Vielleicht können wir etwas lernen aus dem Aufbruch der Hippies von damals: jeder Mensch ist ein unverwechselbares Individuum, ein "Einzelstück", und hat von daher seinen Wert. Es muß nicht alles perfekt sein. Und gerade darin liegt manchmal der besondere Reiz eines Menschen. Die Naht, die Idee, mit der ich alles verbinde, gibt den einzelnen Dingen ihren Wert. Sie fügt zusammen und hält zusammen.
Die einzelnen Flicken sind mir vielleicht vorgegeben, aber die Naht, mit der ich sie zusammenfüge, und das Muster bestimme ich selbst.



(C) 2000 Heribert Ester