3. Advent:   
Sichtbar verborgen   

"Vexierbilder" nennt man jene Zeichnungen, in denen der Künstler an unerwarteter Stelle noch ein anderes Bild versteckt hat. Ein Gesicht in einem Baum oder gar eine weitere Szene, die man nur erkennen kann, wenn man das Bild herumdreht. "Suchbilder" haben wir diese Bilder früher einfach genannt.
Irgendwie ein passender Titel, denn: erstens, man mußte suchen, bevor man das Bild im Bild wirklich sehen konnte, und zweitens, man mußte überhaupt wissen, daß da ein weiteres Bild versteckt war, sonst hätte man darüber hinweggesehen.
Solch ein Suchbild ist für mich die Menschwerdung Gottes, die wir in der Vorbereitungszeit des Advent und an Weihnachten feiern, denn erstens: um die Bedeutung des Kindes in der Krippe zu erkennen, muß man suchen, und zweitens: man muß auch wissen, daß es da etwas zu suchen gibt.
Oder etwas anders gesagt: Die Botschaft des Advent ist für mich der Hinweis, es ist etwas verborgen, das sichtbar werden kann; und Weihnachten ist der Moment, wo ich das zunächst Unsichtbare entdecke.
Wir sind als Abbild Gottes geschaffen. Das heißt: Das Wesen Gottes ist irgendwie in jedem von uns verborgen. Das heißt auch: Die Begegnung mit einem ganz bestimmten Menschen kann für mich etwas Weihnachtliches an sich haben; ein ganz bestimmter Mensch kann für mich zu Heil werden.
Das Kind in der Krippe ist das Zeichen dafür, und - verborgen - trägt es die Züge vieler Menschen auf seinem Antlitz. Freuen wir uns, dieses "Suchbild" zu entdecken.


(C) 2000 Heribert Ester