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Das erneuerte Kirchenjahr

Der Advent

Die Adventszeit weckt bei vielen Menschen Hoffnungen und Sehnsüchte. Bereits der Begriff Advent (vom lat. "adventus"), d. h. Ankunft, rührt an Tiefenschichten des Menschen. Alle möchten "ankommen" im vieldeutigen Sinn des Wortes: geschätzt und geliebt werden, am Ziel der eigenen Wünsche ankommen, Geborgenheit und Verlässlichkeit erfahren. "Ankunft" weckt aber auch Hoffnungen im Blick auf die Zukunft: auf ein intaktes Leben, Sinn des Daseins, Glück, Heilung von Verwundungen. Die langen Winternächte werden zu Sinnbildern für menschliche Schicksalsnächte und die vielen Adventslichter und hell erleuchteten Straßen nähren die Hoffnung auf Überwindung des Dunkels und des Bösen. An diese Urbefindlichkeiten knüpft die christliche Adventsbotschaft an. In ihr fließen zwei Traditionen zusammen: eine römische aus dem 5. Jahrhundert, die Gottes Ankunft in der Menschwerdung betont und eine gallische aus dem 6. Jahrhundert, die unter dem Einfluss der gallisch-irischen Mönche vorwiegend die Endzeit zum Thema hat.
Die gallikanische Adventszeit, die am Martinsfest (11.11.) begann, dauerte bis zum Fest Epiphanie (6.1.), dem oriantalischen Weihnachtsfest. Damit ergab sich in Analogie zur vierzigtägigen Fastenzeit vor Ostern (unter Abzug der fastenfreien Tage) ebenfalls ein vierzigtägiges Adventsfasten. Die Verschmelzung der beider Traditionen, wie sie im Abendland seit 1570 in der Feier der vier Adventssonntage durchscheint, markiert mit der Erinnerung an Christi Geburt und Wiederkunft die Eckpunkte der christlichen Weltzeit. Denn die Dynamik des Weihnachtsgeschehens drängt folgerichtig hin auf die Wiederkunft Christi am Ende der Tage. Diese Thematik schlägt sich alljährlich nieder in der Liturgie der Adventssonntage. Am ersten Sonntag kommt die Wiederkunft Christi in den Blick, am zweiten und dritten Sonntag tritt die Gestalt Johannes des Täufers vor uns. Der letzte Sonntag stellt uns Maria vor Augen, die uns Jesus geboren hat.
Christliches und vorchristliches Gedankengut schufen ein vielfältiges Brauchtum. Es kreist einerseits um die Weihnachtserwartung (Adventssingen, Adventskranz, Adventskalender, Barbarazweige), andererseits bringt es altgermanische Bräuche zur Sonnenwende in Verbindung mit Heiligenfesten: Klausjagen (St. Nikolaus) in Küssnacht und in der ganzen Innerschweiz, der meist rüpelhafte Schmutzli als Begleiter des Samichlaus, Lichterbrauchtum wie die Bochselnacht in Weinfelden. Der Adventskranz ist erst seit den dreißiger Jahren bei uns heimisch. Man kann seine Kreisform als Aufforderung zur Gemeinschaft und das wachsende Licht als ein Wachsen der Hoffnung deuten. Seit dem 17. Jahrhundert lässt man den Hl. Nikolaus von Myra (+10.12.564) zur Examinierung der Kinder in die Stuben einkehren Martin Luther schafft ihn als Gabengeber ab (ca. 1535). An die Stelle des heiligen Bischofs tritt der "heilige Christ", der zum Christkindbrauchtum und zur Weihnachtsbescherung führt. Den Bischof Nikolaus ersetzt heute vielfach der Weihnachtsmann.

Walter Wiesli, Quelle: Katholisches Gesangbuch

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